VENEDIG IM SCHNEE

Komödie von Gilles Dyrek

 

Nathalie und Jean-Luc sind seit Jahren ein Paar und immer noch frisch verliebt, wie es scheint. Trotz des Stresses, den die beiden haben, denn sie sanieren gerade gemeinsam eine Altbauwohnung in bester Lage, fliegen die Koseworte und Küsschen nur so zwischen ihnen hin und her. An diesem Tag hat Jean-Luc seinen früheren Studienfreund Christophe zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder getroffen. Das muss bei einem spontanen Essen in der neuen Wohnung gefeiert werden, zu dem Christophe auch seine Freundin Patricia mitbringen soll. Die Gäste kommen zwar eine halbe Stunde zu spät, doch die Begrüßung ist herzlich. Und schon bald plappern Nathalie und Jean-Luc wie aufgezogen von ihrer bevorstehenden Traumhochzeit. 
Bei Christophe und Patricia hingegen herrscht dicke Luft. Sie haben sich gestritten, und Patricia hat überhaupt keine Lust auf den Abend mit zwei Leuten, die sie nicht mal kennt. Das Geturtel von Nathalie und Jean-Luc geht ihr so richtig auf die Nerven. Sie sitzt mit finsterer Miene beim Essen und schweigt.
Was hat sie nur, fragen sich die notorisch fröhlichen Gastgeber. Sie sagt kein einziges Wort! Vielleicht versteht sie ihre Sprache nicht? Ganz klar, das muss es sein: Patricia ist Ausländerin! Und noch ehe Christophe den Irrtum aufklären und den beiden vermitteln kann, dass Patricia einfach nur schlechte Laune hat, erkennt seine Freundin, wie aus diesem Treffen doch noch ein lustiger Abend werden kann. Sie spielt die Ausländerin, erfindet eine Phantasiesprache und gibt vor, eine vor dem Bürgerkrieg geflüchtete und illegal eingewanderte Migrantin zu sein. Das tut sie so überzeugend, dass bei Nathalie und Jean-Luc eine nicht mehr zu stoppende Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst wird, während Christophe vor lauter Peinlichkeit am liebsten im Boden versinken würde und krampfhaft überlegt, wie er diesen Abend ungeschoren überstehen kann ...


Erst ganz am Ende wird deutlich, was es mit dem Titel »Venedig im Schnee« auf sich hat. Das 2003 in Paris uraufgeführte Stück, eine wunderbare Mischung aus Beziehungskomödie und Gesellschaftssatire, brach in Frankreich alle Besucherrekorde und gehört auch in Deutschland zu den meistgespielten Komödien. Der Witz besteht nicht nur in den intelligenten Dialogen, sondern auch darin, dass die Zuschauer immer ein Stückchen schlauer sind, als die handelnden Figuren auf der Bühne, die sich immer heilloser in ihren Missverständnissen und Vorurteilen verstricken.